An:
die Fraktionen der SPD, CDU, Bündnis 90 / Die Grünen, Linke, die Andere, Bürgerbündnis
In Kopie an:
Geschäftsbereich Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt,
Oberbürgermeister Mike Schubert, Märkische Allgemeine Zeitung, Potsdamer
Neueste Nachrichten, Hauptstadt TV, Radio Potsdam
Sehr geehrte Stadtverordnete,
mit Verwunderung nehmen wir von der Anwohner*innen Initiative
Teltower Vorstadt die neue Sachlage zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan
Nr. 36 zur Kenntnis („Neue Halle / östliches RAW-Gelände“). Laut einem
Schreiben des Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und
Umwelt, Herrn Bernd Rubelt, vom 29.01.2020 an die Fraktionen der
Stadtverordnetenversammlung wurden »[i]m Rahmen des
Baugenehmigungsverfahrens […] die sanierungs- und die neubaubezogenen
Aspekte voneinander getrennt und in jeweils eigenständige Bauanträge
gegossen«. In dem Schreiben wird zudem auf einen ersten Bauantrag
verwiesen, der positiv beschieden wurde.
Als Anwohner*innen Initiative fragen wir uns, ob dieses als »Baustart durch die Hintertür« gewertet werden kann?
Bisher war uns aus der öffentlichen Berichterstattung sowie den
Darstellungen auf der Einwohnerversammlung nicht ersichtlich, dass eine
solche Zweiteilung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr.36 (hier
weiter auch B-Plan genannt) beabsichtig ist. Entsprechend der Mitteilung
von Herrn Rubelt ist der nun positiv beschiedene Bauantrag
vorhabenunabhängig zu verstehen. Uns erschließt sich die Losgelöstheit
vom Gesamtprojekt nicht und wir fragen uns stark, wie groß der
politische Gestaltungsspielraum bei der Beurteilung des angekündigten
Entwurfs eines städtebaulichen Vertrags sein wird, wenn bereits
Baumaßnahmen begonnen haben.
Inwiefern wird Bürgerbeteiligung durch diese Vorgehensweise ad absurdum geführt?
Der nunmehr begonnene Baubeginn lässt uns stark daran zweifeln, dass
momentan eine ernsthafte Bürgerbeteiligung verfolgt wird. Und wir fragen
uns, wie dieses Projekt trotz der umfangreichen Einwände von
Bürger*innen seitens der Bauverwaltung zum jetzigen Zeitpunkt beurteilt
wird. Diese Frage stellt sich für uns auch, weil wir seit Monaten auf
eine Rückmeldung der Stadtverwaltung auf unsere zahlreich eingereichten
Einwände warten. Das im Planungsverfahren zwingend vorgesehene Votum der
Stadtverordnetenversammlung ist ebenso wenig erfolgt. Ein ernsthafter
Einbezug der Bevölkerung kann in unseren Augen nur dann umgesetzt und
entsprechend wertgeschätzt werden, wenn jegliche Art von Baubeginn erst
nach einer finalen Abwägung der Einwände genehmigt wird und die
Umsetzung innerhalb eines städtebaulichen Vertrages nach der finalen
Absegnung durch die Stadtverordnetenversammlung erfolgt.
Warum gilt die Kreativität und Lösungsfindung, mit der das
Bauplanverfahren vorangetrieben wird, nicht auch in gleicher Intensität
für die Erlassung einer sozialen Erhaltungssatzung?
Nachhaltig irritiert sind wir, dass trotz offensichtlicher
Fortschritte im Bauplanverfahren bislang keine Bemühungen hinsichtlich
des Schutzes der Anwohner*innen der Teltower Vorstadt zu erkennen sind.
Die in den Presseberichten verdeutlichten Planungen, insbesondere
hinsichtlich der Ansiedlung von Unternehmen, bestätigen uns in unseren
anfänglichen Befürchtungen, dass ein massiver Zuzug zu erwarten ist, der
den Druck auf die unmittelbare Nachbarschaft spürbar erhöhen wird. Die
von verschiedenen Seiten als sinnvoll erachtete Definition einer
sozialen Erhaltungssatzung für das betroffene Umfeld droht jedoch in
dieser Lage zu einem Lippenbekenntnis zu verkommen.
Wir knüpfen mit diesem Schreiben an unsere seit letztem Frühjahr andauernden Bemühungen an und appellieren erneut an Sie…
… sich für die Ernsthaftigkeit der Beteiligungsmöglichkeiten (von
Bürger*innen und Anwohner*innen) in diesem Bauverfahren einzusetzen;
… der Verwaltung umgehend den Auftrag zur Erlassung einer sozialen Erhaltungssatzung zu erteilen;
… den Vertragsentwurf des städtebaulichen Vertrages einzufordern, bevor ein endgültiger Baubeginn erfolgt;
… wirtschaftliche Interessen und soziale Belange in Potsdam
mindestens gleichwertig zu behandeln. Die Menschen, die hier bereits
leben, wollen genauso ernst genommen werden, wie jene, die mit großen
und mitunter schwer zu durchschauenden Versprechen in die Stadt kommen.
Die Anwohner*innen-Initiative Teltower Vorstadt hofft auf Ihre
Unterstützung und steht für einen weiteren konstruktiven Dialog gern zur
Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Kriete und Reiko Käske
im Namen der Anwohner*innen-Initiative Teltower Vorstadt