Am 30.03.2023 findet 18.30-20.00 Uhr im Spartacus am freiLand eine ausführliche Präsentation der Ergebnisse durch die LPG mbH statt. Anschließend stehen Frau Meier (Sozialbeigeordnete), Herr Schubert (Oberbürgermeister) und die Stadtverwaltung für Fragen zur Verfügung.
Wir haben die seit 2018 erhoffte nunmehr frohe Botschaft vernommen, die im Zuge unserer ausdauernden und stets konstruktiven Kommunikation mit der Stadtverwaltung nun erklingt:
Der Rücklauf der Fragebögen (28,4%) ist hoch ausgefallen und die ausgewerteten Daten lassen keinen Zweifel mehr zu: Teile der Teltower Vorstadt und Babselsberg Süd brauchen dringend eine soziale Erhaltungssatzung!
ausschnitte aus den ergebnissen
Die nachfolgenden Aussagen sind sinngemäß der Präsentation der LPG mbH vom 28.03.2023 entnommen.
Die LPG mbH stellte fest, dass der Anteil der Haushalte mit einer Warmmietbelastung mit über 33 % des Haushaltsnettoeinkommens in der Teltower Vorstadt Nord auf 34 % der Haushalte zutrifft. In Babelsberg Süd bei 30 % und in Potsdam trifft es 27 %.
Würde man hier ohne soziale Erhaltungssatzung weiterbauen lassen, so stünde man vor folgenden Herausforderungen:
Teltower Vorstadt Nord
Verlust einer nachfragegerechten Wohnungsbelegung
Verlust günstigen Mietwohnraums in zentraler städtischer Lage
Aufwertung des Wohnungsbestands im Zuge der Entwicklungsimpulse in der Umgebung
Babelsberg Süd
Veränderte Nachfrage nach Wohnraum und Infrastruktur
Aus diesem Grund wurden folgende Erhaltungsziele empfehlend formuliert:
Erhaltung der gegenwärtigen Struktur des Wohnraumangebots für verschiedene Haushalts- und Einkommenstypen
bedarfsgerechte Umsetzung von Modernisierungsvorhaben im Rahmen der bauordnungsrechtlichen und energetischen Mindestanforderungen
sozial verträgliche Umsetzung von Modernisierungsvorhaben im Rahmen der bauordnungsrechtlichen und energetischen Mindestanforderungen
Vermeidung von Folgeinvestitionen zur Schaffung günstigen Mietwohnraums an anderer Stelle im Stadtgebiet
Abfedern von Aufwertungsprozessen im Sinne einer sozialverträglichen Modernisierung, die durch Entwicklungsimpulse im Umfeld verursacht werden
Zur Sicherung der Sanierungserfolge und der eingesetzten Städtebaufördermittel ist der flankierende Einsatz einer sozialen Erhaltungssatzung sinnvoll, um das Wirkungsgefüge zwischen Bewohnerschaft, Gebietsinfrastruktur und Wohnbestand zu erhalten
Der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung wollen nun zu Mitte des Jahres einen Aufschlag für die ausformulierte soziale Erhaltungssatzung in die Stadtverordnetenversammlung einbringen.
heute hat um 19 Uhr die Informationsveranstaltung zur Erhebung von Haushaltsdaten südöstlich des Hauptbahnhofes stattgefunden.
Anwesend waren neben der Beigeordneten für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit (Frau Meier) auch der komm. Fachbereichsleiter für Wohnen, Arbeit und Integration (Herr Jekel), sowie zwei Vertreter der LPG (Landesweite Planungsgesellschaft) mbH (Herr Roland Schröder und Herr Sören Drescher).
Inhalte des Abends
Neben einer allgemeinen Einleitung seitens des Geschäftsbereiches 3 unter Frau Meier folgten eine kurze Beschreibung zur sozialen Erhaltungssatzung, gefolgt von einer technischen Skizzierung des Vorgehens, abgeschlossen mit einer Fragerunde und lockerem Ausklang.
Frau Meier
Potsdam erfährt ein hohes Bevölkerungswachstum, mit gleichzeitig stagnierend niedrigem Leerstand und rückläufigen innerstädtischen Umzügen. Weiterhin driften Bestandsmiete (Mietspiegel) und Angebotsmiete (Internetinserate) weiter auseinander, sodass der Wohnungsmarkt unter Druck steht. Die soziale Erhaltungssatzung soll als ausgezeichnetes Instrument gegen Verdrängungseffekte rechtssicher zum Schutz der Quartierszusammensetzung etabliert werden – und zwar gut gemacht werden.
Herr Jekel
In den 90er-Jahren gab es bereits mehrere soziale Erhaltungssatzungen in Babelsberg, welche jedoch nie vollzogen wurden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass aktuell keine gültige, rechtskräftige soziale Erhaltungssatzung Anwendung in Potsdam findet.
Durch den von Frau Meier angesprochenen, angespannten Wohnungsmarkt, bei dem die Nachfrage das Angebot übersteigt und eine zunehmende Homogenisierung der Quartiere stattfindet (Personengruppen sind in bestimmten Vierteln anzutreffen und unterscheiden sich untereinander stark) wird der Schutz dieser noch heterogenen Zusammensetzung zunehmend wichtiger.
Begonnen hat der Anlauf zu dieser sozialen Erhaltungssatzung mit dem Bauvorhaben am RAW-Digitalzentrum unweit der Teltower Vorstadt, welches 2022 in den Baustart übergehen sollte. Hier wurden vermehrt Ängste gegnüber steigender Wohnungsnachfragge und Investitionen in das bestehende Quartier geäußert. Als Konsequenz hat die Stadt darauf mit Wohnungsneubau an der Heinrich-Mann-Allee und dem Auftrag zu einer sozialen Erhaltungssatzung geantwortet, die beide auf das strategische Ziel „bezahlbares Wohnen und Nachhaltige Quartiersentwicklung“ von 2018 der Landeshauptstadt Potsdam einzahlen.
Fahrplan
In 2019 wurde der Auftrag zur Erstellung einer sozialen Erhaltungssatzung erteilt. In 2020 erfolgte daraufhin der Aufstellungsbeschluss, der eine Aussetzung von Bauvorhaben bis zur Erstellung der Satzung erlaubt. Ab 2021 erfolgte dann eine Organisationsuntersuchung der Geschäftsbereiche. Seit 2022 wurden folgende Punkte angegangen:
Q2/2022: Aufsetzung einer vertiefenden Untersuchung
Q3/2022 – Q4/2022: Durchführung der vertiefenden Untersuchung
Q1/2023: Ergebnisse der vertiefenden Untersuchung mit Empfehlungen an die Stadt (Satzung und Begründung)
LPG mbH
Nach einer interaktiven Umfrage ergab sich, dass sehr viele Mieter*innen, eher weniger Vermieter*innen oder Pressemenschen anwesend waren; von diesen haben etwa 75% eher noch nichts von einer sozialen Erhaltungssatzung (SES) gehört.
Die SES dient vorallem dem Vorbeugen einer einseitigen Quartierszusammensetzung und Verdrängungseffkten. Sie soll Stabilität und funktionierende Nachbarschaften fördern, sowie unnötige Investitionen der Stadt mindern (wechselnde infrastrukturelle Anforderungen mit veränderter Zusammensetzung).
Drei Missverstädnisse im Zusammenhang mit einer SES: (1) „ich werde enteignet“ (Eigentümer*in) (2) „jetzt bin ich voll geschützt“ (Mieter*in) (3) „das ist viel Arbeit für nichts“ (Verwaltung)
Das Baugesetzbuch hält an mehreren Stellen fest, dass genau diese Zusammensetzung schützenswert ist (z.B. §1(5)+(6) und §172 BauGB). Ausgenommen von den dort aufgrzählten baulichen Veränderungen sind Aufholarbeiten auf gesetzliche Standards. Das Satzungsgebiet muss hierbei nicht das komplette Untersuchungsgebiet umfassen und kann aus Einfachkeitsgründen ohne parzellen- oder grundstücksgenaue Ausweisung stattfinden. Sie gilt i.d.R. unbegrenzt, wobei nach fünf Jahren eine neue Bewertung des Quartiers die Rechtssicherheit sicherstellen sollte.
Nichts desto trotz sollen durch eine solche Satzung Eigentümer*innen in ihre Sozialpflicht genommen werden, da bauliche Veränderugen dann aufwendiger und nur zum Teil umsetzbar werden. Die Stadt hat dann die Möglichkeit Bauanträge zu versagen und in Verhandlungen mit den Eigentümer*innen zu treten, bis ein genehmigungsfähiger Antrag vorliegt.
Warum nur 5 Jahre gültig? Das ist der Regelfall, da in einem Zeitraum von 5 Jahren konkrete Entwicklungen beobachtet und prognostiziert werden können. Je länger die erneute Evaluation hinausgezögert wird, desto unsicherer wird die SES.
Definition Migrationshintergrund Abfrage, um eine differenzierte Betrachtung des Quartiers zu ermöglichen (Repräsentativität). Es wird keine Definition vorgegeben, sondern auf das Identifikationsgefühl der Bewohner*innen vertraut
Radius der Nutzung von Infrastruktur Diese ist nicht allein auf das Untersuchungsgebiet bezogen. Bei kleinen Untersuchungsgebieten hätte dies zur Folge, dass keinerlei Infrastruktur einbezogen werden könnte. Es geht als mehr um die allgemeine, nähere Wohnumgebung, die man zur Nachbarschaft zählt.
Warum wurde das Gebiet verändert? Große Teile von Babelsberg-Süd haben bereits Sanierungen erfahren, daher ist hier vor allem interessant den Sanierungsstand des Quartiers zu erfahren. Weiterhin ist der Standard von heute nicht ewig aktuell, sodass auch auf sanierte Gebiete weitere Verdrängungseffekte wirken könne, wenngleich nachgelagert.
Verbindungsstelle Friedrich-Engels-Straße Diese könnte, wenn man es als ein Gebiet betrachtet, eine Schwachstelle darstellen. Deshalb würde bei Eignung beider Seiten der Nuthe der Rat klar hin zu zwei Satzungsgebieten gehen.
Baujahr=Baujahr oder =Jahr der Kernsanierung? Das Baujahr kann im Mietspiegel ausgelesen werden, wenn kürzlich eine Mieterhöhung stattgefunden hat. Weiterhin ist für die Erhebung das Baujahr interessant. Der Sanierungsstand kann dann wiederum über Ausstattungsmerkmale (Fenster, Dämmung, …) einbezogen werden.
Gibt es einen Schutz bis zum Satzungsbeschluss? Aufgrund des Aufstellungsbeschlusses 2020 können Bauvorhaben – sofern sie der Verwaltung bekannt sind – zurückgestellt werden, bis eine Satzung vorliegt.
Haushalte ohne und Haushalte mit mehrfach Bögen Sollte ein Haushalt mehrere Bögen erhalten haben, so können die überschüssigen gern an Haushalte ohne Bogen im Untersuchungsgebiet weitergegeben werden, da sie anonymisiert ausgefüllt werden.
Auswahl der Haushalte Anhand des Melderegisters der Stadt Potsdam und einer Mitteilung über die Anzahl der Haushalte einer Anschrift wurde versucht eine Auswahl zu treffen, die möglichst jeden Haushalt einschließt. Bei etwa 10.000 gemeldeten Menschen ergab dies eine Befragungsgröße von etwa 4.800 (Vollbefragung). Sollte kein Bogen zugestellt worden sein (vor allem bei ganzen Aufgängen), so kann die LPG mbH informiert werden, die dann Onlinecodes vergeben kann.
Warum wurde Semmelhaack neben dem RAW aus dem Gebiet genommen? Die Bauten sind noch zu neu (2010), um sinnvoll Investitionen innerhalb der nächsten 5 Jahre absehen zu können. Weiterhin ist der Vermieter für sein Bewirtschaftungsinteresse bekannt, sodass spontane Investitionen unwahrscheinlich sind. Ein Teil des Komplexes beinhaltet weiterhin Seniorenwohnheime, welche als Gewerbe und nicht Wohnraum zählen.
Beinhaltet die Satzung auch Gewerbeschutz? Die SES ist auf Wohnraum ausgelegt. Sollte durch eine Umwandlung in Wohnraum die Zusammensetzung des Viertels bedroht sein wäre ein Einschreiten möglich, jedoch gibt es sonst keine Einflussmöglichkeit.
Woran scheitern SES in Potsdam? Bis dato wurden die SES in Potsdam ohne jedwege Datenerhebung beschlossen und wären somit bei jeglicher Anfechtung gescheitert. Sie beinhalteten damals noch Mietpreisregelungen, die so in dieser Form der Satzung nicht vorgesehen sind.